Microsoft Excel oder SE63?

Warum Externalisierung beim Übersetzen eigenentwickelter Screens im Rahmen globaler SAP-Rollouts keine Patentlösung ist

Wenn in einem SAP-System entwickelt wird – und beim Großteil der SAP-Kunden sind solche Eigenentwicklungen erforderlich – entstehen neue Programme und Transaktionen mit neuen Screens, die betriebliche Abläufe abbilden, für die SAP keine Funktionalität ausliefert. Und was andere Sprachversionen angeht – nun, SAP bietet für ihre Software zwar kostenlose Sprachpakete an, aber für alle eigenentwickelten Screens liegt die Benutzeroberfläche erst einmal nur in einer Sprache vor. Sollen diese Screens dann in weitere Sprachen übersetzt werden, gibt es einiges zu beachten …
Inzwischen bietet fast jedes zweite Systemhaus eine Lösung an, mit der die Benutzeroberflächentexte der kundeneigenen Transaktionen und Reports zur Übersetzung aus dem SAP-System exportiert werden können – zum Beispiel in eine Microsoft-Excel-Liste. Ab SAP Netweaver 7.31 ist eine solche Externalisierungsfunktion sogar im SAP-Standard enthalten. Das Ergebnis des Exports sind dann eine oder mehrere Microsoft-Excel-Listen, die mindestens zwei Spalten haben – eine für die Ausgangssprache (meist Englisch oder Deutsch) und eine für die Zielsprache. Die Übersetzer tragen dann die Übersetzungen direkt in diese Listen ein.

 

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Die Vorteile scheinen auf der Hand zu liegen – die Übersetzer müssen nicht erst aufwendig geschult werden, die recht komplexe Übersetzungsumgebung im SAP-System zu verwenden, also unter anderem die Transaktion SE63 zur manuellen Übersetzung. Außerdem wird die IT-Abteilung entlastet, die sich so keine Gedanken um das Einrichten der Übersetzungsumgebung im System machen muss.

Gefahr: Ohne Kontext unterwegs

Doch der Preis für diese anfängliche Bequemlichkeit kann recht hoch sein – denn wenn die Fachabteilungen später die übersetzten Screens testen, stellt sich häufig heraus, dass die übersetzten Screens eine Vielzahl von Übersetzungsfehlern enthalten. Die Sache ist die – selbst für sehr erfahrene SAP-Übersetzer liefert die Excel-Liste praktisch keinerlei Kontextinformationen zu den zu übersetzenden Texten. Ist mit dem englischen Text „Account“ im Deutschen ein Kunde oder ein Konto gemeint? Und ein Text namens „Check“ – wird hier ein Scheck ausgestellt, oder ist „Prüfen“ gemeint?

 

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In solchen und ähnlichen Fällen – und die gibt es für jede Sprachkombination in großer Zahl – bietet eine Excel-Liste nicht die geringste Hilfestellung. Ganz anders jedoch die Übersetzungsumgebung in Transaktion SE63: Hier kann ein erfahrener SAP-Übersetzer leicht ermitteln, welche Texte zusammengehören und wie der Endanwender die Texte zu sehen bekommt. So kann er sich vergewissern, dass er auch korrekte zielsprachliche Texte eingibt.
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Der Lohn des anfänglichen Aufwands

Natürlich ist der Aufwand für die Einrichtung der Übersetzungsumgebung zunächst größer. Aber Übersetzungsfehler generieren ein Vielfaches dieser Arbeit, wenn man die Fehler im Nachgang korrigieren möchte, denn jedes Mal, wenn man einen Übersetzungsfehler auf der Oberfläche bemerkt, muss man den betreffenden Text erst einmal in der Übersetzungsumgebung finden – und das kostet viel Zeit. Wie so oft im Leben ist es daher auch hier sinnvoller, am Anfang mehr Aufwand zu betreiben und sich dadurch im Nachhinein viel Arbeit zu ersparen.
Sicher hat auch die Externalisierung ihre Berechtigung– beispielsweise bei der Übersetzung umfangreicher Tabellen mit Stammdaten, für die auch im System keine Kontextinformationen verfügbar wären. Aber für die Übersetzung von SAP-Screens, von Benutzeroberflächen, mit denen die Anwender täglich arbeiten sollen, sollte SE63 die präferierte Option sein.

Über den Autor

Martin Lüdecke arbeitet seit 2007 als Head of SAP System Translation bei text&form. Durch kontinuierliche Weiterbildung bei und Zusammenarbeit mit SAP ist er in der Lage, bei jedem Projekt neueste Erkenntnisse zum Thema SAP-Übersetzung zur Anwendung zu bringen. Seit 2013 ist er zudem zertifizierter Technology Associate – SAP Netweaver.